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In einer inklusiven WG wohnen Studenten und behinderte Menschen zusammen und teilen ihren Alltag. Beide Seiten profitieren bei dieser besonderen WG-Art.
In Deutschland gelten ungefähr 9,4 Prozent der Bevölkerung als schwerbehindert, das sind fast 8 Millionen Menschen (Stand: 2017). Ein Großteil lebt bei den Eltern. Die zwei weiteren meistverbreiteten Wohnformen sind Wohngruppen und Pflegeheime. In den Wohngruppen leben mehrere Menschen mit Behinderung mit ausgebildeten Betreuern zusammen. In Pflegeheimen wiederum werden Personen mit Handicap stationär betreut. Bei der WG-Art des inklusiven Wohnens leben Bewohner mit und ohne Behinderung in einem Haushalt. Diese Wohnform ermöglicht Menschen mit Behinderung, selbstbestimmt zu leben und unterstützt damit das Konzept der Inklusion.
Inklusion bedeutet, dass jede Person auf eine ganz natürliche Art und Weise zum alltäglichen Leben dazugehört - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Aussehen oder, in diesem Fall, ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung. Jeder Mensch ist ein für die Gesellschaft wichtiges Individuum und wird so akzeptiert, wie er oder sie ist. Das bedeutet auch, dass behinderte Personen selbst entscheiden dürfen, wie, wo und mit wem sie wohnen möchten. Genau wie viele andere junge Menschen sollen sie die Möglichkeit haben, in einer Wohngemeinschaft zu leben.
Die erste inklusive Wohngemeinschaft entstand in den späten 80er Jahren in München durch den Verein "Gemeinsam leben lernen e.V." - einem Zusammenschluss von Eltern geistig oder körperlich behinderter Kinder. Sie hatten und haben sich zum Ziel gesetzt, ihre Söhne und Töchter in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Eine genaue Zahl, wie viele inklusive WGs es aktuell in Deutschland gibt, existiert so gesehen nicht. Rudi Sack, der Geschäftsführer der WG-Vermittlung des Vereins "Gemeinsam leben lernen e.V.", schätzt die Zahl dieser WG-Art auf über 30 - Tendenz steigend. Das liegt vor allem daran, dass viele behinderte Menschen nicht auf familiäre Strukturen, aber auch nicht auf notwendige Hilfe verzichten können und möchten. Die Wohnform der WG-Art "inklusive WG" vereint beide Aspekte und ist somit die ideale Lösung.
Viele inklusive WGs befinden sich in größeren Städten, meist zentrumsnah. Das unterstützt das Vorhaben, die Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, direkt vor der Haustür ihre Freizeit zu verbringen, einzukaufen oder diverse andere Erledigungen zu machen. Außerdem zieht es auch viele junge Menschen studiumsbedingt in die Zentren der Großstädte und dient somit als Anreiz für eine solche Wohnform.
Das Prinzip der inklusiven WG ist mehr oder weniger dasselbe wie in einer klassischen WG: Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer, um sich zurückziehen zu können. In den Gemeinschaftsräumen wie Küche oder Wohnzimmer legen die Bewohner Wert darauf, zusammenzukommen, um beispielsweise gemeinsam zu Abend zu essen, zu kochen, sich auszutauschen oder auch Filme zu gucken. Putzpläne oder Einkaufslisten legen alle Bewohner gemeinschaftlich fest. Die Auswahl neuer Mitbewohner ohne Handicap erfolgt über Mitbewohner-Castings, wie sie auch bei anderen WG-Arten üblich sind. In einer inklusiven WG steht vor allem das Miteinander im Vordergrund. Wer eher auf eine Zweck-WG zum Geldsparen aus ist, sollte nicht in eine inklusive WG ziehen.
Bewohner ohne Behinderung müssen sich bewusst sein, dass dieses Konzept nicht nur finanzielle und standörtliche Vorteile bedeutet. Das Zusammenleben bringt auch Verpflichtungen mit sich. So übernehmen die Mitbewohner ohne Handicap zwar nicht die Rolle eines ausgebildeten Pflegers oder einer Pflegerin, jedoch benötigen die behinderten Bewohner ihre Hilfe bei alltäglichen Tätigkeiten wie Kochen, Wäschewaschen oder Erledigungen. Das heißt auch, dass die Bewohner viel gegenseitiges Verständnis füreinander aufbringen, manchmal auch die eigenen Bedürfnisse zurückschrauben müssen und sich vor allem gegenseitig respektieren und schätzen. Eine inklusive WG erhält Unterstützung durch eine sozialpädagogische Fachkraft und durch einen Pfleger oder eine Pflegerin im Freiwilligendienst, um ein reibungsloses Miteinander zu erleichtern. So wird für alle Beteiligten ein Zuhause geschaffen, in dem sie sich wohlfühlen, lachen, helfen und füreinander sorgen.
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